Opferentschädigungsgesetz: Gewaltopfer können keine Gesundheitsstörungen geltend machen, die schon vor der Tat bestanden
In diesem Urteil können Sie einiges über die Rechte von Opfern von Gewalttaten erfahren.
Ein Mann litt bereits seit Jahren an schweren Depressionen. Dann wurde er beim Verlassen einer Gaststätte überfallen und ausgeraubt. Er erlitt erhebliche Verletzungen wie Blutergüsse, eine Unterschenkelfraktur und Verletzungen im Kniegelenk. Später entwickelte sich noch eine posttraumatische Belastungsreaktion. Die Täter wurden wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen verurteilt. Das Opfer klagte dann eine Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz ein. Dabei kann es eine monatliche Grundrente von bis zu 736 EUR geben. Aber: Um als Opfer einer Gewalttat eine Beschädigtenrente zu erhalten, ist ein bestimmter Grad der Schädigung erforderlich. Dabei können diejenigen Gesundheitsstörungen nicht miteingerechnet werden, die bereits vor der Gewalttat bestanden haben und daher nicht durch die Tat verursacht sein können. Und das war hier der Fall. Deshalb hat der Mann seinen Rechtsstreit verloren.
Hinweis: Werden Menschen Opfer solcher Gewalttaten, ist es gut, dass der Staat einspringt. Aber der Staat macht das natürlich auch nur, wenn Betroffene auch tatsächlich Ansprüche stellen.
Quelle: LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 09.11.2017 - L 6 VG 4283/16
Sozialgericht Hamburg zur Frage der ausreichenden Kostensenkungsbemühungen bei
Leistungsbeziehern nach dem SGB II
Das Sozialgericht Hamburg hat in einem von Frau Rechtsanwältin Bastian
betreuten Fall im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, wann
Kostensenkungsbemühungen des Hilfebedürftigen ausreichend sind und
dementsprechend auch eine unangemessene Miete länger als 6 Monate vom Jobcenter
gezahlt werden muss.
Die Wohnung des Mandanten überschritt die Angemessenheitsgrenzen der
Fachanweisung der Freien und Hansestadt Hamburg zu § 22 SGB II erheblich. Er wurde
daher vom Jobcenter zur Kostensenkung aufgefordert. Obwohl der Mandant sich um
günstigeren Wohnraum bemühte, konnte er keine angemessene Wohnung anmieten. Die
Wohnungssuche dokumentierte der Mandant in einer Liste, welche u.a. Angaben zur
Kaltmiete, den Nebenkosten, der Wohnfläche, zum Vermieter, zur Art der
Kontaktaufnahme und dessen Datum sowie dem Grund der Absage enthielt. Während
der Mandant in den ersten Monaten ca. 10 Wohnungen pro Monat dokumentierte, kam
es in den folgenden Monaten zu einer geringeren Frequenz von 5 bis 7 Wohnungen.
Das Jobcenter senkte die Unterkunftskosten trotz der Kostensenkungsbemühungen
auf den angemessenen Mietwert. Der Mandant legte hiergegen Widerspruch ein und
beantragte gleichzeitig durch Frau Rechtsanwältin Bastian eine einstweilige
Anordnung beim Sozialgericht Hamburg.
Dieses entschied, dass die Bemühungen um angemessenen Wohnraum
ausreichend waren. Auch die sich reduzierende Frequenz hinsichtlich der
Wohnungssuche konnte dem Mandanten nicht angelastet werden, weil er sich zuvor in
weitaus größerem Umfang bemüht hatte und der Wohnungsmarkt für kleinere
Wohnungen begrenzt ist. Das Sozialgericht führt aus, dass es bekannt sei, „dass
im Bereich kleinerer Wohnungen der Wohnungsmarkt gerade in beliebten
Großstädten […] nahezu verschlossen ist.“ Zudem hat das Sozialgericht Hamburg
bei seiner Bewertung auch die individuellen Schwierigkeiten des Mandanten
gewürdigt, welcher einen SCHUFA-Eintrag hatte. Das Gericht führt hierzu aus: „Ist
es schon relativ schwierig in Hamburg überhaupt eine Wohnung zu finden mit
einer Kaltmiete von bis zu EUR 327,00, so dürfte dieses Unterfangen nahezu
unmöglich sein, wenn ein SCHUFA-Eintrag besteht.“
Dem Mandanten wurden vom Sozialgericht demzufolge vorläufig zunächst
für einen weiteren Zeitraum von 8 Monaten die tatsächlichen Kosten für
Unterkunft bewilligt.
(Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 06.08.2013, Az: S 33 AS
1303/13 ER)
Rechtsanwältin Bastian für Mandantin erfolgreich beim
Bundessozialgericht
In einer
Elterngeldangelegenheit konnte Frau Rechtsanwältin Bastian die
Ansprüche ihrer Mandantin erfolgreich beim Bundessozialgericht
durchsetzen, nachdem das Sozialgericht Hamburg zuvor die Klage als
unbegründet zurückgewiesen hatte.
Das
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt, dass Zeiten einer
schwangerschaftsbedingten Einkommensminderung bei der Festlegung des
zwölfmonatigen Bemessungszeitraumes für das Elterngeld nicht zu
berücksichtigen sind. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass mit
dieser Regelung Einkommenseinbußen aufgrund schwangerschaftsbedingter
Nachteile vermieden werden könnten.
Dies jedoch ist nicht zwingend so. Vielmehr kann es im Einzelfall
gerade durch eine solche Nichtberücksichtigung zu Nachteilen für den
Elterngeldempfänger kommen, wie der von Frau Rechtsanwältin Bastian
begleitete Fall einer Mandantin zeigt.
Wegen einer Risikoschwangerschaft konnte die Mandantin ab dem
8. Mai 2008 zunächst nicht mehr voll arbeiten und war dann kurz vor der
Geburt vollständig arbeitsunfähig. Ab dem 3. August 2008 bezog sie
Mutterschaftsgeld. Entsprechend des Wortlautes des § 2 Abs.7 Satz 5 und
6 BEEG ließ die zuständige Elterngeldstelle die Monate Mai bis August
2008 unberücksichtigt und verlegte den Berechnungszeitraum vor auf den
Zeitraum Mai 2007 bis April 2008. Dadurch flossen jedoch 4 Monate in
die Bemessung des Elterngeldes mit ein, in denen die Mandantin aufgrund
von Arbeitslosigkeit überhaupt kein Erwerbseinkommen erzielt hatte. Der
Elterngeldanspruch reduzierte sich entsprechend um einige hundert Euro.
Nachdem das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen hatte,
legte Frau Rechtsanwältin Bastian die auf Antrag zugelassene
Sprungrevision beim Bundessozialgericht ein.
Dieses entschied nun, dass die Vorschrift des § 2 Abs.7 Satz 5 und 6
BEEG dann nicht anzuwenden ist, wenn der Elterngeldberechtigte der
Anwendung ausdrücklich widerspricht. Sinn und Zweck der Norm würden
verfehlt werden, wenn bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung
Monate mit einer Einkommensminderung unberücksichtigt blieben, dafür
aber Monate ohne jegliches Einkommen in den Bemessungszeitraum
einbezogen würden. Die Anwendung der Norm sei daher nicht, wie von der
Elterngeldstelle und dem Sozialgericht Hamburg angenommen, zwingend.
Elterngeldberechtigte, welche schwangerschaftsbedingt
erkranken oder einen anderen Tatbestand des § 2 Abs.7 Satz 5 und 6 BEEG
erfüllen, haben somit ab sofort die Möglichkeit, auf die Anwendung der
Regelung zu verzichten bzw. ihr zu widersprechen, wenn sie im
Einzelfall nicht zum Vorteil gereicht.
Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil gleichzeitig auch
betont, dass es jedoch zwingend bei einem zwölfmonatigem
Bemessungszeitraum zu verbleiben habe und eine Verkürzung auf weniger
Monate wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung in den anderen
Monaten nicht in Betracht komme.
(Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.08.2011, Az.: B 10 EG 7/10 R)
Sozialrecht:
Sozialhilfeträger kann Geschenke des verarmten Schenkers zurückfordern
Kommt es im Alter zur Pflegebedürftigkeit können hohe Pflegekosten dazu
führen, dass der Pflegebedürftige Sozialleistungen beantragen muss.
Bevor diese gezahlt werden, müssen jedoch das eigene Einkommen und
Vermögen eingesetzt werden. Hat der Betroffene in den letzten Jahren
sein Vermögen oder Teile davon (Grundstücke, Immobilien, Geld etc.)
verschenkt, kann der Sozialhilfeträger, der nun den verarmten Schenker
unterstützt, diese Schenkungen zurückfordern.
So jedenfalls entschied das LG Coburg (Urteil vom 13.08.2010, Az.: 13 O
784/09) in einem Fall, bei welchem die Tochter der mittlerweile
verstorbenen Sozialhilfeempfängerin innerhalb der letzten 10 Jahre
Geldgeschenke erhalten hatte. Der Hinweis der Beschenkten, dass es sich
um Geldgeschenke auf Jahre im Voraus handelte, ließ das Gericht nicht
gelten.
Kommt es bei dem Schenker innerhalb von 10 Jahren nach der Schenkung zu
einer Sozialhilfebedürftigkeit besteht für den Beschenkten somit
grundsätzlich die Gefahr, dass er das Geschenk zurückzugeben hat.
Familienrecht: nachträgliche Befristung und Kürzung des
Ehegattenunterhaltes im Rentenalter möglich
Der Bundesgerichtshof betont in einem Urteil vom 29.06.2011 (Az.: XII
ZR 157/09) erneut die grundsätzliche Eigenverantwortung des Ehegatten
nach der Scheidung und die Möglichkeit der Befristung und Kürzung des
nachehelichen Unterhaltes.
In dem vorliegenden Fall ging es um eine "Chefarztgattin", die seit der
Scheidung im Jahr 1985 Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich EUR
1.790,00 erhalten hatte. Da die Ehefrau sich mittlerweile im
Rentenalter befand, verlangte der geschiedene Ehemann die Reduzierung
des Unterhaltsanspruches.
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Auffassung des
Unterhaltsverpflichteten, wonach aufgrund des durchgeführten
Versorgungsausgleichs und dem Bezug der daraus resultierenden Rente
keine ehebedingten Nachteile mehr vorliegen. Der Ehegattenunterhalt
kann mit Erreichen des Rentenalters auf Null gekürzt werden.
Vertrauensschutz besteht insoweit nicht. Letzterer könnte nur
angenommen werden, wenn der Unterhaltsberechtigte im Vertrauen auf die
Unterhaltszahlungen langfristige Entscheidungen getroffen hat, wie z.B.
den Kauf einer Immobilie.